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HyWay

Wie bewegen wir uns in der Zukunft? Der folgende Beitrag ist der Enzyklopädie für Zukunftsfragen – kurz Futurpedia – entnommen, die Teil des Buches «Schubumkehr. Die Zukunft der Mobilität» ist. Heute im Fokus: Der Einsatz von LKW-Zugmaschinen mit Brennstoffzellenantrieb zum emissionsarmen Gütertransport auf aufkommensstarken Magistralen.

Hintergrund
Bereits im Umweltgutachten 2012 des deutschen Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) wurde konstatiert, dass die alleinige Verlagerung von Güterverkehren von der Straße auf die Schiene nicht ausreichen würde, um das verkehrsinduzierte Emissionsproblem in der notwendigen Größenordnung einzudämmen. Dafür waren die damaligen Kapazitäten auf der Schiene zu gering und das prognostizierte Güterverkehrswachstum zu groß. Für eine schnelle Umsteuerung hätte der Aufbau zusätzlicher Bahninfrastrukturkapazitäten zu lange gedauert. Stattdessen schlug der SRU die Installation einer Oberleitungsinfrastruktur für Autobahnen und den dortigen Einsatz von E-Lastwagen mit Stromabnehmern (Trolley-LKW) vor. Das Bundesumweltministerium veröffentlichte wenig später sogar eine fahrzeugseitige Machbarkeitsstudie samt Demonstrationsfahrten auf einer Teststrecke. Allerdings belief sich die Kostenschätzung für die Elektrifizierung der für den Güterverkehr relevanten Autobahnabschnitte auf rund 15 Mrd. EUR. Kritisch wurden auch der große Ressourcenbedarf an Stahl, Kupfer etc. sowie die langfristig zu berücksichtigen Wartungskosten gesehen. Die Idee fand keine Mehrheit bei den Entscheidungsträgern und geriet nach kurzer Diskussion in Vergessenheit.

Erst 2021 nutzte die europäische Wasserstoffwirtschaft die Grundidee des elektrisch angetriebenen Gütertransports auf Autobahnen als Ausgangspunkt für ein eigenes, wasserstoffbasiertes Konzept. Anreiz war die Suche nach zusätzlichen Anwendungsfeldern des Energieträgers Wasserstoff, der in Schwachlastzeiten in großen Mengen aus Wind- und Solarstrom gewonnen werden kann, jedoch mit anderen, teilweise deutlich effizienteren Speichertechnologien konkurriert.

HyWay-Konzept
Die Wasserstoffwirtschaft positionierte den HyWays-Plan als schlankeren, weil mit erheblich weniger Infrastrukturaufwand zu erstellenden Gegenentwurf zur Oberleitungselektrifizierung von Autobahnen. Das System war infrastrukturseitig schneller, kostengünstiger und ressourcenschonender realisierbar und auch fahrzeugseitig komplexitätsärmer. Mit den Brennstoffzellen-LKW war theoretisch eine direkte Quelle-Ziel-Bedienung möglich, während Trolley-LKW entweder einen schwereren Hybridantrieb für die Feinverteilung über oberleitungsfreie Straßen benötigten oder an den Systemgrenzen ein Zugmaschinenwechsel erfolgen musste.

Umsetzung
2022 wurden die ersten Testfahrten durchgeführt und 2023 der Pilotbetrieb aufgenommen. Ähnlich dem kombinierten Verkehr auf der Schiene bietet ein Betreiberkonsortium die Truckingdienstleistung mit konsortiumeigenen Zugmaschinen mit Brennstoffzellenantrieb an. An den Zufahrten der Pilotstrecke entstanden Umschlagzentren für den Zugmaschinenwechsel und die Konsolidierung von Waren.

Bis zum Sommer erfahren Sie laufend Details aus der Zukunft der Mobilität. Lesen Sie Ende Mai hier die nächste Anekdote aus Futurpedia!

 

Der Autor

Thomas Sauter-Servaes, Mobilitätsforscher und Leiter Studiengang Verkehrssysteme an der ZHAW School of Engineering