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Der chinesische Drache wird grün

Können Zukunftsforscher tatsächlich Zukunft vorhersehen? Dieser Tage bekommt man den Eindruck – sie können! In seinem Buch „Schubumkehr – Die Zukunft der Mobilität“ beschreibt Stephan Rammler ein Szenario, dass mit nur einem Jahr Verspätung Wirklichkeit werden zu scheint.

China ruft im Jahr 2015 das „Zeitalter des Grünen Drachen“ aus, beginnt damit, den Verkauf von Fahrzeugen mit konventionellen Antrieben zu sanktionieren und fördert im Gegenzug massiv Elektrofahrzeuge. Nicht nur aus ökologischer Einsicht – auch aus ökonomischem Kalkül.

Aufgrund der Abhängigkeit – insbesondere der deutschen Premium-Hersteller – vom chinesischen Markt reagiert die europäische Automobilindustrie umgehend darauf mit dem SunCar-Projekt und steigt aus der fossilen Autowelt auf regenerativ betriebene Fahrzeuge um. Carsharing wird global, das Nullemissionsauto Realität.

So hat sich der Zukunftsforscher es vorgestellt. Wer dieser Tage die Presse verfolgt, reibt sich die Augen.

So titelte die Süddeutsche Zeitung am 30.10.2016: "Deutsche Autohersteller sind entsetzt über chinesische Elektroquote"

Und schreibt weiter…

"Wenn zum Beispiel VW 2018 - so wie derzeit - etwa drei Millionen Autos in China verkauft, muss der Konzern 60 000 E-Autos herstellen." Bei Plug-in-Hybriden mit einer elektrischen Reichweite von 50 Kilometern seien sogar 120 000 Exemplare notwendig. Gelingt das nicht, müsste VW entweder die Produktion drosseln oder aber anderen Herstellern Kreditpunkte abkaufen. Doch wie viel ein Punkt künftig kostet, weiß niemand.

Am 02.12.2016 ist auf Spiegel Online zu lesen: "China erhebt Sondersteuer auf Luxusautos"

Eine weitere Massnahme die insbesondere gegen die besonders beliebten europäischen Premiumfahrzeuge wirkt.

Ist es Zufall, dass sich die führenden deutschen Hersteller seit dem Autosalon in Paris (Anfang Oktober) gegenseitig in Ankündigungen zu Investitionen in Elektromobilität geradezu überschlagen? Es scheint als wirke die chinesische Regulatorik wesentlich effektiver als der in Europa so oft postulierte Weg der Freiwilligkeit.

Oft zitiert ist auch der Satz, dass Grösse im heutigen Wirtschaftsumfeld nicht mehr die entscheidende Komponente sei – sondern Schnelligkeit. Kaum auszudenken welch Wettbewerbsvorteil entsteht, wenn sich Grösse und Schnelligkeit vereinen.

Ein gutes Beispiel liefern derzeit Daimler und VW. Während Daimler unter Dieter Zetsche an Focus und Geschwindigkeit permanent zulegt und von einem Rekordjahr zum nächsten braust, taumelt der weltgrösste Automobilkonzern von einer Krise in die nächste und verliert bei der Suche nach sich selbst wertvolle Zeit.

Auch wenn heute noch niemand genau beschreiben kann, wie sich unser Mobilitätsverhalten entwickelt und wie genau es funktioniert, wenn massenweise Elektrofahrzeuge auf unseren Strassen unterwegs sind. Die absolute Mehrheit der Beteiligten ist sich aber darüber einig, dass es keine Frage des „ob“ sondern nur noch eine Frage des „wie“ ist. Deshalb sollten wir unsere Energie voll auf die Frage des „wie“ konzentrieren. Liebe Kollegen von Exxon, Volkswagen & Co – es gibt viel zu tun – packen wir es an!

 

Die Autoren:
Martin Erb, Managing Director, Alphabet Fuhrparkmanagement (Schweiz) AG
Thomas Sauter-Servaes, Mobilitätsforscher und Leiter Studiengang Verkehrssysteme an der ZHAW School of Engineering